Junge Kunst im Centrum

Von Daniel · 1. Mai 2016

Im Centrum am Lindener Markplatz gibt es Bier, Cheeseburger – und Kunst an den Wänden. Vier Wochen lang sind dort die Werke junger Künstler aus Hannover zu sehen und zu erwerben.

Brrrrrrssccchhhhhhhhh: Auf dem Lindener Markplatz zischt eine Kompaktkehrmaschine entlang, sie macht sauber und viel Lärm. Zwei rotierende Bürsten schleudern den Müll von der einen auf die andere Seite. Gefaltete Packungen, platte Pappbecher und zerknülltes Zeitungspapier bilden zufällige Skulpturen ohne Aussage.
«Kann das weg?», fragt der Müllmann. Die Tauben nicken.

Wir sind mit Alessja verabredet, die bei den Jungen Sprengelfreunden arbeitet und sich für die junge Künstlerszene in Hannover engagiert. Sie will uns etwas über eine kleine Ausstellung im Centrum erzählen, dort zeigen junge Künstler ihre Werke. Für die gibt es in Hannover nämlich nur wenige Austellungsräume, sagt Alessja. Klar, es gibt die GAF – aber viel mehr eben auch nicht. Dabei ist die Künstlerszene verhältnismäßig groß, für eine Stadt wie Hannover. Und im Sprengel-Museum können die Künstler erst dann ausstellen, wenn sie sich einen Namen gemacht haben. Also hängen die Bilder, Fotos und Collagen der Nachwuchskünstler im Centrum.
«Die Werke sind politisch und ziemlich bunt», erklärt Alessja.
Wir sitzen an einem Tisch unter einem Ast, den Mansha Friedrich bunt eingestrickt hat. Die Installation wird aber erst durch die Besucher vervollständigt: Sie dürfen Papier-Sprechblasen ausfüllen und an den Ast hängen. Ein Zettel liegt noch auf dem Tisch, da steht: Bock auf Sex?

Obama im Centrum?

«It really rocks!» – Obama im Centrum?

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Bilder von Maria Lirer, aus der Serie «& other selfies».

Es ist bereits die dritte Ausstellung in Kooperation mit dem Centrum. Jan, der Besitzer, unterstützt die Jungen Sprengelfreunde: Er stellt nicht nur die Location zur Verfügung, er spendierte auch Sekt bei der Vernissage und half beim Aufhängen der Bilder.
«Das war gar nicht so leicht, wie es aussieht», sagt Alessja und lacht.
Vier Wochen hängt die Kunst im Centrum, bis zum 22. Mai. Der Sinn der Ausstellung ist, die Künstler etwas bekannter zu machen, ihre Werke zu zeigen – und sie vielleicht sogar zu verkaufen: Wer sich die Bilder auch an den eigenen vier Wänden vorstellen kann, fragt an der Bar einfach nach der Preisliste. Zwischen 80 und 200 Euro kosten die Werke.

Alessja von den Jungen Sprengelfreunden.

Alessja von den Jungen Sprengelfreunden.

Wir bestellen erst mal Cheeseburger und vegane Kartoffel-Nuss-Roulade.
«Wir haben kein Mittag gegessen», erkläre ich Alessja, die sich mit einem Ingwer-Tee begnügt.
Am Nebentisch sitzen Mama, Papa und ihr Sohn Wolfgang. Der ist tätowiert und ziemlich cool, er wohnt in Linden-Nord. Wolfgang ist zu Fuß hier, seine Eltern haben das Auto genommen, sie wohnen in Seelze, haben dort ein Haus mit Carport und Vorgarten. Sie schweigen und lauschen unserem Gespräch. Dann steht Wolfgang plötzlich auf und guckt sich die Kunst an den Wänden an. Die Bilder, Fotos und Collagen fallen gar nicht so auf, im Centrum, weil der ganze Laden irgendwie ein Kunstwerk ist – mit seinen alten Möbeln, den weichen Sesseln und den roten Wänden in der Raucherlounge.
«Die Tische und Stühle hat Jan von eBay Kleinanzeigen», verrät Alessja.

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In der Raucherlounge: Fotos von Arne Gutknecht.

Dann führt sie uns durchs Centrum, um uns die Werke zu zeigen. Über unseren Köpfen hängen Fashion-Illustrationen von Irina Voronov, die in Hannover Modedesign studiert. Auf der anderen Seite hängen klare Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Nick Zieske, der sich in seinen jüngsten Arbeiten mit dem Thema Identität beschäftigt. Maria Lirer hat sich vor allem mit sich selbst befasst und Selbstportraits für ihre Serie «& other selfies» geschossen. Am schönsten in Szene gesetzt sind die Bilder von Arne Gutknecht: Sie hängen an roten Wänden in der Raucherlounge des Centrum. Zum Betrachten müssen wir allerdings die Luft anhalten.

Kunst im Centrum:
Junge Freunde treffen junge Künstler

Lindener Marktplatz 3
30449 Hannover

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