Stadtflucht: Ausflug ans Steinhuder Meer

Von Daniel · 25. Juli 2015

Nicht weit von Hannover entfernt liegt das Steinhuder Meer – wohl das beliebteste Ausflugsziel für Hannoveraner. Auch wir sind dorthin unterwegs, gleiten über die Autobahn.

Auf der A2 krachen wir zwischen schlingernden LKW in Richtung Nord-West – und stehen dann auf dem Standstreifen. An der Ausfahrt staut es sich. Vor uns ein Müllauto, hinter uns ein Choleriker, der Geister beschimpft und fast durchdreht. Vielleicht muss er dringend pinkeln, vielleicht wartet seine Affäre auf ihn. Dass er jetzt aufgehalten wird, kotzt ihn richtig an. Falling Down. Dann drängeln sich zwei Omas in ihrem Opel zwischen den Choleriker und uns. Er verschwindet. Langsam bewegen wir uns vorwärts, Meter für Meter in Richtung Meer und kommen irgendwann in Steinhude an.

Das Parken am Steinhuder Meer kostet überall Geld, außer in der Innenstadt – aber da dürfen nur Kurzparker halten. Wir wollen Stunden am Wasser verbringen, also müssen wir zahlen. Doch der Parkscheinautomat versteht nur Kleingeld – und die Geldkarte. «Geldkarte» klingt wie «Telefax». Und wie die meisten Deutschen haben wir keinen Cent auf den Chip geladen, der jede EC-Karte veredelt.

«Alexa, lass doch mal deinen Charme spielen», sage ich und schicke sie zu einem Mann, der gerade sein Auto parkt.
«Hi, können Sie mir einen Fünfter kleinmachen?», flötet Alexa dem Mann ins Gesicht.
Er sieht aus wie Grand Moff Tarkin aus Star Wars.
«Ganz. Sicher. Nicht», sagt GMT und verzieht jede Miene.
Er ist das pure Böse.
Lieber laufen wir zu einer Frau, die äußerst nett reagiert und aus den unendlichen Weiten ihrer Handtasche ein bisschen Kleingeld zaubert und gegen den Fünfer eintauscht. Wir können unseren Parkplatz bezahlen.

Alte Männer sind manchmal verbittert und verfallen deshalb dem Alkohol oder stehen an der Straßenecke und schauen jungen Menschen auf ihre knackigen Pöter. Auch Grand Moff Tarkin steht plötzlich um die Ecke. Huch.
«Mein Kleingeld kriegt ihr nicht!», brüllt er.
Wir erschrecken und gehen schnell weiter; seine kalten Augen starren.

Ausgehungert erreichen wir den Alten Winkel im Alten Winkel. Das Hotel-Restaurant lockte uns mit seiner netten Fassade an und wir nehmen hinter dem Fachwerkhaus im Freien Platz. Laut Website ist der Winkel eines der ältesten Gasthäuser am Steinhuder Meer. Das Essen ist trotzdem frisch – und sehr lecker. Ich entscheide mich für ein Schweineschnitzel nach Wiener Art mit Petersilienkartoffeln (12,50 Euro). Die Panade ist knusprig und das Fleisch kommt aus der Pfanne. Auch als kulinarisches Entwicklungsland weiß ich: Ein gutes Schnitzel kann nicht aus der Fritteuse kommen.
«Ich nehme die italienischen Nudeln», sagt Alexa.
«Die sind aber voller Knoblauch», warnt die nette Bedienung.
Als ich sie später nach Ketchup frage, zupft sie zwei Tütchen aus ihrer Bauchtasche. Normalerweise muss ich zähe Verhandlungen anstrengen, um Ketchup zu kriegen – der dann trotzdem 70 Cent kostet. Im Winkel gibts ihn gratis.

Kartoffeln schmiegen sich an ein Schnitzel.

Als wir fertig sind und ich bezahle und sage: «Stimmt so!», sagt die Bedienung «Äääh» und schiebt ihre Unterlippe nach vorne.
«Das reicht nicht», sagt sie und zeigt mir die beiden Scheine, die vor einigen Sekunden noch in meinem Portemonnaie ruhten.
«Ups, ja, da fehlt einer», sage ich. «Einen Versuch war’s wert, hehe.»
Dann gehen wir pünktlich zur Mittagspause, denn um 14:30 Uhr macht das Restaurant Siesta. Und wir brechen auf, wollen endlich unsere Füße ins Süßwasser tunken.

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