Maschseefest: Mangozella und Pommes-Becher

Von Daniel · 5. August 2015

Döner, Garnelen und Mangozella: An den Ufern des Maschsees bieten zahllose Buden eine kulinarische Vielfalt, die Münder befeuchtet und Mägen aufheulen lässt. Eindrücke vom Maschseefest.

Es ist Samstag und die Sonne schleudert ihr warmes Licht durch das raschelnde Blattwerk der Bäume. Am Himmel verdirbt keine einzige Wolke den Anblick. So offenbaren sich dem aufmerksamen Betrachter viele Postkartenmotive – denn auf dem Maschsee schwimmen auch noch Schwäne.

Wir starten am Pier 51 und machen uns auf den Weg zum Nordufer, wo sich das Epizentrum des Maschseefests befindet. Es duftet nach Pommes, Currywurst und dann auch nach Fisch, weil wir Gosch erreicht haben. Hier machen wir unseren ersten Halt.

R0017806

An einem der Hochtische sitzen Eheleute, die schon seit Ewigkeiten ein Paar sind. Sie sitzen sich schweigend gegenüber, aber ihre Blicke gehen ins Leere. Manchmal nippt der Ehemann an seinem Bier, das in der Sonne goldig funkelt. Dann nimmt er seine Arbeit wieder auf und schaut weiter in die Luft. Die Ehefrau mustert kurz ihren Ehemann und vergewissert sich, dass er noch existiert.

Für ein Pappschälchen Scampis will Gosch acht Euro haben. Das ist ganz schön viel, erfahre ich, fast 16 Mark. Dann gehen wir weiter und ich hoffe auf einen Stand, der Gyros verkauft. Hätte ich jetzt total Lust drauf!

Ein verliebtes Paar kommt uns entgegen, sie schlendern Arm in Arm. Der Mann in der Beziehung trägt ein Lebkuchen-Herz um den Hals. In weißem Zucker geschwungene Buchstaben formen das Wort Macho. Um den Hals seiner Liebsten baumelt Pussy. Sie sind ein echtes Traumpaar. Ich würde gern gemeinsam mit ihnen nach Mallorca reisen und dort am Hotelpool liegen.

Schisser oder Callgirl? Macho oder Pussy? Hexe oder Proll?
Schisser oder Callgirl? Macho oder Pussy? Hexe oder Proll?

An der Bowle-Bude hat sich das allgemeine Bedürfnis nach Alkohol eingestellt. Nur ich warte lieber ab – eine Bowle ist mir zu süß und zu bunt. Auf den Glasbehältern steht «mit Farbstoff». Einer der Behälter ist schon ziemlich leer, also kippt jemand Billig-Sprite hinein, gefolgt von Billig-Rum aus dem Discounter. Umrühren, fertig. Ein Plastikbecher Bowle kostet 5,50 Euro. Das ist auch ganz schön viel.

Mangozella vs. Pommes-Becher

Schließlich kommen wir am Nordufer an. Ein Stand verspricht eine Speise namens Mangozella und ich würde wirklich gern wissen, was das ist, entscheide mich aber doch für eine Vollkorn-Piadina mit Schafskäse, Oliven und Gurken und Tomaten an der Bude von Aresto. Einen Gyros-Stand habe ich leider nicht gefunden; nur Döner, Döner, Döner.

Das Schlemmen auf dem Maschseefest wird ein wenig getrübt von den begrenzt vorhandenen Sitzmöglichkeiten. Im Gehen zu essen, ist nicht gemütlich und geradezu unmöglich, wenn man mit einer Hand eine tropfende Piadina mampfen will. Wir haben etwas Glück und finden Asyl an einem großen Tisch, an dem vier Raucher sitzen, die leicht lallend von Dingen reden, die Außenstehende kaum nachvollziehen können. Außerdem qualmen sie ihre Billigzigaretten und der einen Frau tränen die Augen, weil der andere Mann ihr seinen Rauch voll gegen die Augäpfel geblasen hat. Der vierte Mann gähnt auffällig laut, er hat schon viele Haare verloren. Wir wenden uns ab, damit uns der Rauch nicht den Appetit verdirbt. Die Piadine sind sehr lecker – und leider viel zu schnell alle. Nächstes Mal nehme ich den Burger, beschließe ich; den gibts für sieben Euro.

#cleaneating #healthy #lowcarb
Ein Becher voller Glück.

Für den Nachtisch gehe ich zu einer anderen Bude und brülle der Frau am Grill entgegen, dass ich einen Becher Pommes haben will.
Ne, keine Wurst, Pommes!
Den Becher gibts für 3,50 Euro. Die dünnen Pommes sind kross und ziemlich lecker, außerdem lassen sich die Kartoffelstangen problemlos im Gehen essen.

Wie geil ist das denn?

Ein Mann mit akkurat gestutztem Schnauzer fährt seine Frau mit akkurat gefärbten Haaren umher, schlängelt ihren Rollstuhl zwischen Jungs, Tussis, Frauen, Opas und Kindern hindurch. Auf ihrem Schoß sitzt ein weißer «Westie» im Ausstellungsdress. Laut Wikipedia handelt es sich um einen Modehund, den auch die Frau eher als Accessoire bei sich hat. Sie ist auch ansonsten sehr modisch gekleidet und aufgebrezelt. Ihre kurzen Haare sind dunkelrot mit einem Lilastich gefärbt, ihre Lippen sind voll und rot und nach unten gebogen. Sie trägt ein blaues Kostüm, sehr sommerlich und luftig. Ihr Mann sieht aus wie immer. Jetzt geht er los, Pommes holen – und für ihn noch eine Currywurst. Der Hund geht leer aus, er isst auf Diät.

Neben uns interviewt ein Engländer mit einem aufblasbaren Mikrofon erst sich selbst und dann seine Begleiter. Auf dem Wasser kommt ein Mann in einem Kajak angepaddelt. Der Engländer beugt sich über das Geländer, übers Maschseewasser, und streckt dem Mann im Boot das Mikrofon entgegen. Die Frage lautete, ob er das öfter macht.
«First time in my life», sagt er grinsend und paddelt davon. So ein Glück.

Die ganz Verrückten feiern auf dem Maschseefest ihren Jungesellenabschied. Heute sind vor allem junge Frauen unterwegs, die bald Ehefrauen und Mütter sein werden. Eine von ihnen verkauft Schnaps aus einem plüschigen Bauchladen. Sie trägt ein pinkes Glitzer-Krönchen auf dem Kopf. Zwei Männer zücken ihr Portemonnaie, zupfen Scheine heraus und erkaufen sich das Recht, mit der schönen Verlobten zu tanzen. Der zweite darf sie sogar auf die Wange küssen. Die beiden Männer tragen Fußballtrikots, ihre roten Gesichter glänzen, sie kommen direkt aus dem Stadion. Während nun der eine seine Lippen spitzt und sie auf die weiche Wange der Prinzessin drückt, drückt der andere auf das Smartphone-Display und hält diesen besonderen Moment für die Ewigkeit und für Facebook fest.
Als die Frauen kichernd weiterziehen, schauen die beiden Fußballfreunde auf das Display und begutachten den Schnappschuss.
«Wie geil ist das?», ruft einer und der andere schaut ihn strahlend an.
So ein Glück.

Ein Stadtblog an der Leine