Sicher unterwegs: Mein ADAC Fahrsicherheits-Training

Von Alexa · 4. März 2016

Großstadtdschungel und Verkehrschaos sind keine gute Kombination. Um die Herausforderungen im Straßenverkehr künftig sicherer zu meistern, haben wir das ADAC Fahrsicherheits-Zentrum auf dem Messegelände in Hannover besucht.

Die Nacht ist schwarz wie frisch gegossener Teer und die Wolken entledigen sich nach einer langen Trockenphase ihrer feuchten Last. Ich sitze im Honda Civic meiner amerikanischen Gastfamilie, bei der ich seit zwei Wochen als Au Pair lebe. Wusch. Die Scheibenwischer schieben den Regen von der Windschutzscheibe. Die Scheinwerfer erhellen die glänzende Straße unter mir. Aus dem Radio jault Rihanna. Wusch. Regen über Regen – dabei saß ich heute Nachmittag noch am Pool. Wusch.

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Ich befinde mich auf der Fox Road, ganz nah an meinem neuen Zuhause. Ich sehe die Schilder, die mir eine Kurve ankündigen. Wusch. Mein Fuß drückt das Bremspedal sanft nach unten, meine Hände steuern das Lenkrad nach rechts. Wuuusch. Jemand zieht den Boden unter den Reifen weg. Mein Auto bricht nach rechts aus, ich habe den Grip verloren! Plötzlich ist die Straße wie Glatteis. Adrenalin pumpt durch meinen Körper, ich umklammere das Lenkrad. Ich sehe den Straßengraben und mir wird bewusst, dass ich zu schnell bin. Viel zu schnell. Reflexartig reiße ich das Lenkrad nach links, doch das macht die Situation nicht besser. Wuuusch. Mit voller Geschwindigkeit rase ich in den linken Straßengraben und bleibe am Schild hängen. Wusch. Der Scheibenwischer eröffnet mir die Sicht auf das Gebüsch, in dem ich hänge. Es flackert im orangenen Warnblinklicht. Panisch haue ich auf die Hupe. Nun stehe ich hier, in einem fremden Land, in einem fremden Auto im matschigen Graben. Ich stecke fest. Fuck.

Es ist ganz still. Astrid nickt zaghaft. Sie kennt das. «Aufm Dorf sind die Kurven auch immer sehr glatt. Da muss man echt vorsichtig sein», sagt sie.
Wir sitzen im Trockenen, sind sicher. Vorne sitzt Harald Lober, unser Coach für das heutige ADAC Fahrsicherheits-Training.
«Mir krachen die Leute immer nur hinten drauf», sagt Andreas. Schuld hat er nie, behauptet er.
Wir wollen heute unsere Limits kennen lernen. Und die unserer Fahrzeuge.

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Aufwärmen im Slalom

Nach einer kurzen Einführung treffen wir uns mit unseren Autos am Slalom-Parcours. Nacheinander schlängeln wir uns durch die Pylonen, links rum, rechts rum, links rum, rechts rum …
Daniel schlägt vor, mir zwei Pylonen zum Absperren eines begehrten Parkplatzes in der Südstadt mitzunehmen. Er ist als Beifahrer und Fotograf dabei.

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Der Slalom ist unsere Aufwärmübung, die uns auf den Rest des achtstündigen Trainings vorbereitet.
«Regel Nummer 1: Immer genug Abstand halten. Regel Nummer 2: Alle Hütchen stehen lassen», erklärt uns Harald über die Walkie-Talkies.
Anführer unserer Gruppe ist Matthias, er rauscht mit seinem silbernen Polo als Erster durch den Parcours. Wer hinten ankommt, kann von der Seite kurz die anderen beobachten. Dann wieder hinten einreihen und noch mal von vorne.
«Schneller, schneller!», schallt es aus dem Walkie-Talkie, als ich wieder dran bin. «Da geht noch was!»
Also trete ich härter aufs Pedal. Daniel wird lila im Gesicht und ringt nach einer Ausrede.
«Lass mich mal raus, von außen kann ich bestimmt schönere Bilder machen!»

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«Das war schon ganz gut, aaaber…»

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Harald erklärt uns, wie wir in Notsituationen sicher reagieren können.

Unsere Slalom-Runde ist abgeschlossen und wir treffen uns in einem Container zur Feedback-Runde.
«Ich glaube, ihr habt die Aufgabe nicht ganz verstanden. Ihr solltet die Hütchen nicht umfahren, sondern stehen lassen», tadelt Harald lachend. Auch ich hatte eine Pylone unterm Reifen.
«Aber mein Bulli ist so groß», murmelt Astrid.
Ihr Mann schiebt seine Hände in die Hosentaschen und nickt mit geschlossenen Augen. Er fährt normalerweise einen Lastwagen, heute ist er mit einem X6 da. Matthias steht neben ihnen und verzieht keine Miene.

Wer später bremst, ist länger schnell

Als nächstes üben wir eine Vollbremsung.
«Geht mal so richtig in die Eisen!», fordert Harald.
Ich beschleunige, halte meinen Blick auf die Markierungs-Pylonen und – bäääämmmm! – krache in die Bremse.
«Das war doch keine Vollbremsung, Alexa. Stell dir mal vor, ich stehe hier und du willst mir so doll in der Allerwertesten treten, dass ich bis da oben zu der Conti-Fahne fliege!»
In der nächsten Runde krache ich noch mehr. Harald applaudiert.
«Toll!»
Auch Astrid hat die Anweisungen befolgt. Vielleicht sogar ein bisschen zu sehr, denn die Bremslichter ihres Bullis haben sich verabschiedet.
«Jaja, die brennen öfter mal durch», sagt sie und zuckt mit den Schultern.

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Harald machte uns bewusst, wie sich Bremswege mit steigender Geschwindigkeit verlängern. Nicht mehr im Bild: Das 100 km/h schnelle Auto …

Jetzt sollen wir Wasserfontänen ausweichen, die plötzlich aus dem Boden schießen. Vor Matthias ist jedes Reh sicher, er steuert seinen Polo stets am Wasser vorbei. Auch der Berufs-Trucker beweist absolute Vorsicht: Er sieht das Hindernis bereits, bevor es da ist. Er hat sich gemerkt, an welcher Stelle die Fontäne hochgeht und legt eine Vollbremsung ein.
«Und jetzt? Du bleibst einfach mitten auf der Straße stehen, oder wie?», grinst Harald. Er hat die Fontäne einfach mal nicht aktiviert. Schummeln gilt nicht.

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Spontan eine Vollbremsung einlegen – das kann einem tagtäglich im Straßenverkehr passieren.

Schnecken haben hier nichts verloren

Nächste Station ist die Kreisbahn, deren innerer Ring im nassen Zustand glitschigem Glatteis ähnelt.
«So Leute, jetzt lernt ihr mal euer ESP kennen.»
Harald schmeißt die Wassersprenkler an und schickt uns nacheinander in den Kreisel. Matthias darf vorneweg fahren und zeigt uns, wie es aussehen sollte. Gerd donnert mit seinem Kombi in die Kurve und verliert prompt die Kontrolle über sein Heck. Auch in meinem Corsa spüre ich die Geschwindigkeit und die Nässe und die Glätte. Ich bin zu zögerlich und wieder heizt Harald mich über das Walkie-Talkie an.
«Schneller!»

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Nasse und glatte Kurven sind bei hohen Geschwindigkeiten ganz besonders gefährlich.

So schnell wie wir können fahren wir sechs Runden durch den Kreis. Ich fühle mich wie im Kettenkarussell, fühle wie mich die Schwerkraft nach außen zieht. Mein Kopf fühlt sich komisch an.
«Schneller, Alexa! Schneller!»
Daniel turnt draußen herum, springt zwischen den Sprenklern umher und hält unsere Kurvenfahrten bildlich fest. Harald zeigt sich besorgt.
«Der Fotograf steht schon wieder im Gefahrenbereich herum», plärrt es durch die Walkie-Talkies.
Daniel ahnt nichts. Er hüpft glücklich über das Gelände wie ein Blumenmädchen auf einer Wiese. Von einem Fahrradfahrer ist nichts anderes zu erwarten. Harald gestikuliert wild und rettet Daniel vor Gerds Kombi.

Shake it!

Die letzte Station wirft mich zurück in das Jahr 2007. Fox Road. Regen, Glätte, Straßengraben.
Ich drücke das Gaspedal bis zum Bodenblech durch, bis ich die von Harald geforderten 50 km/h erreiche. Die weiße Fläche ist direkt vor mir und ich weiß, dass die Wackelplatte mir gleich die Kontrolle über mein Auto rauben wird. Wuuusch. Mein Hinterteil bricht nach rechts aus. Flashback. Doch anstatt im Straßengraben zu landen, reiße ich mein Lenkrad rum und gewinne die Kontrolle über mein Auto zurück.
«Jaaaaaaa!», freut sich Harald.

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Mit Sicherheit was erleben

In Gefahrensituationen heißt es: cool bleiben und bewusst reagieren. Das hat mir das Fahrsicherheits-Training beigebracht. Und noch vieles mehr. Ich kenne mein Auto nun viel besser und nehme den Straßenverkehr bewusster wahr. Sicherheit ist die wichtigste Regel der Straße, denn Gefahren lauern überall. Nun fühle ich mich auf diese viel besser vorbereitet.

Das Beste am Fahrsicherheits-Training war aber, dass es unfassbar viel Spaß gemacht hat! Wo hab ich mal die Chance, mich so auszutoben und mit dem Auto ans Limit zu gehen? Jeder, der das Autofahren liebt, sollte sich ein Fahrsicherheits-Training gönnen. Es lohnt sich.

Vielen Dank an das ADAC Fahrsicherheits-Zentrum Hannover-Messe, das uns zu dem Fahrsicherheits-Training eingeladen hat. Weitere Informationen zu den Kursangeboten findet ihr auf der Webseite des Fahrsicherheits-Zentrums.

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