Ganbei Supper Club: Fremde essen Tapas auf

Von Daniel · 8. November 2019

Mit fremden Menschen gemeinsam essen – eine hervorragende Idee! Das beweist Mirko mit seinem Supper-Club in der Südstadt: Regelmäßig bekocht er Gäste in seiner kleinen Wohnung und serviert Leckereien aus Asien.

Unsere Küche bleibt heute kalt, denn wir essen auswärts. In keinem Restaurant und in keiner Dönerbude – wir essen bei Mirko, der in seiner Wohnung unterm Dach den «Gānbēi Supper Club» veranstaltet. Fremde Menschen sitzen hier zusammen, essen zusammen, reden zusammen. Es geht darum, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich auf neue Gespräche einzulassen.

Der Gastgeber steht an der Wohnungstür und heißt uns willkommen. Wir sind fast eine Stunde zu spät, weil es ein Missverständnis gegeben hat. Nicht schlimm, «kommt rein!» Im Flur stehen schon viele Schuhe, zu denen sich unsere gesellen. Sofort fühlen wir uns wohl – Mirkos kleine Südstadt-Wohnung ist einfach urgemütlich. Wer den Blick schweifen lässt, merkt schnell: Mirko liebt Asien und die asiatische Küche. An den Wänden hängen Erinnerungen an eine Japan-Reise, die Mirko einst unternahm, außerdem studierte er eine Weile in China. Seit Mai 2019 bekocht er Fremde – und heute uns.

Kleine Küche? Kein Problem für Mirko!

Die ersten Weinflaschen sind schon leer

Wir folgen dem Geplapper und Gelächter, im Wohnzimmer haben die Gäste die ersten Weinflaschen schon geleert. (Passend dazu: Gānbēi ist Chinesisch und heißt «Prost!») Vom Sofa geht es dann an den großen Esstisch, hier sollen aber nicht die Paare nebeneinander sitzen – es soll bunt gemischt sein, damit sich Fremde kennenlernen. Das klappt erstaunlich gut an diesem Abend: Die Unterhaltungen verlaufen angeregt, niemand fällt durch seltsame Äußerungen auf, niemand hält öde Monologe – niemand ist doof. An diesem Abend ist das Geschlechterverhältnis ziemlich ausgeglichen. Normalerweise sind Frauen in der Überzahl, der Anteil liegt bei rund 70 Prozent, schätzt Mirko. Bald veranstaltet er ein «Supper Club Dating» für einsame Herzen und noch gebe es zu wenig Männer.

Genießen du musst: Die «kleinen Yodas» sind lecker und gesund.

Dann muss Mirko aber in die Küche, den ersten Gang zubereiten. An diesem Abend serviert der enthusiastische Hobbykoch «japanisch angehauchte Tapas», die vegetarisch und auf Wunsch auch vegan sind. Zuerst kommt die «Stärkung des Miraculix» auf den Tisch, ein Schälchen mit pürierten Erbsen mit Wasabi. Es folgen Auberginen mit Miso und Sake und später serviert Mirko eine köstliche Misobutter mit frischem Babymais. Unser persönliches Highlight. Nebenher erzählt Stephanie von ihren Erlebnissen in Leipzig, und Sarah berichtet von einem Zeltlager für Erwachsene. Und immer wieder ist ein «Oh, wie lecker!» zu hören.

Miso, Sesam und Wachteleier

Mirko zaubert derweil abwechslungsreiche Tapas auf den Tisch und sorgt zwischendurch für eine Premiere: Heute gibt es erstmals Wachteleier. «Hab ich noch nie gegessen», gestehe ich und bin gespannt. Die kleinen Eier sind in Soyasoße eingelegt und schmecken ähnlich wie Hühnereier. Derweil wird eine Weinflasche nach der nächsten geleert – die Gäste lassen es sich an diesem Dienstagabend wahrlich gutgehen. Morgen machen alle einfach Home-Office.

Ramen mit winzigen Wachteleiern.

In Hannover sind Supper-Clubs noch echte Exoten. Neben Mirko gibt es noch André, der seine Gäste im Ihmezentrum bekocht. Das war’s dann aber auch schon. Schade eigentlich, denn das Konzept hat seinen Reiz: Selten ist es so leicht, mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen und «nebenbei» so gut zu essen. (Erstaunlich, dass sich Mirko das Kochen selbst beigebracht hat; wir sind beeindruckt.)

Zum Abschluss gibt’s Espresso.

Zum Abschied zwei Mochi-Bällchen

Der Abend war wunderbar: nette Menschen, gute Gespräche und sehr gutes Essen. Als wir uns verabschieden, gestehen wir im Flur abermals unsere Mochi-Liebe. Das sind kleine Bällchen aus gemahlenem Klebreis, die in Japan zu Neujahr gegessen werden. Mirko grinst, wir sollen ihm folgen, er hat da was für uns. Aus dem Gefrierfach zupft er Mochi-Eis! Aber pssst, er hat nur noch drei. Zwei bekommen wir, «für den Nachhauseweg», den dritten hat sich Mirko redlich verdient. Wenn doch jeder Abend so wäre wie dieser.


Mirko hat uns eingeladen – vielen Dank! Üblicherweise stecken die Gäste am Ende des Abends ein paar Geldscheine in die Spardose. Der Richtwert liegt bei 35 Euro; der Preis variiert je nach Mirkos Ausgaben für die Zutaten. Wasser, Bier und viel Wein sind im Preis enthalten. Alle verfügbaren Termine findet ihr auf Mirkos Website.

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